Sklaven-Express

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Der Sklaven-Express ist eine Geheimorganisation zur Rettung entflohener Sklaven in der Digedags-Amerika-Serie im Mosaik von Hannes Hegen.

Inhaltsverzeichnis

Der Sklaven-Express – Organisation im Untergrund

Nach ihren merkwürdigen Erlebnissen auf der Reiherinsel glauben die Digedags, auf der Spur der Mississippi-Piraten zu sein. Sie halten den freundlichen Onkel Jeremias Joker für einen abgefeimten Schurken, der es hervorragend versteht, seinen üblen Charakter zu verbergen. Diese persönliche Enttäuschung irritiert sie derart stark, daß sie die wirklichen Mississippi-Piraten nicht erkennen. Sie halten den Prediger Coffins, Doc Tombstone und Piraten-Jack für Aktivisten des Sklaven-Express, einer Organisation, die entlaufenen Sklaven auf dem Weg in den freien Norden hilft. Die Digedags haben als aufmerksame Reporter selbstverständlich schon von dieser Organisation gehört und sie sind begeistert, als sie selbst mithelfen können. So schicken sie denn auch den entlaufenen Sklavenjungen Ben in die doch recht zwielichtige Kaschemme Billy’s Saloon, die angeblich als Anlaufpunkt für den Express dient. Dort erlebt Ben eine unangenehme Überraschung: Die Digedags sind zwei gefährlichen Verbrechern auf den Leim gegangen. Coffins und seine Freunde sind die wirklichen Mississippi-Piraten. Stattdessen gehört der angebliche Pirat Jeremias Joker zum Sklaven-Express. Gleichwohl können die Digedags das Schicksal zu ihren Gunsten wenden: sie entkommen den Piraten, retten Ben und bringen ihn auf die Mississippi-Queen, die im Auftrage des Sklaven-Express in den Norden fährt.

Der wirkliche Sklaven-Express und seine Darstellung im Mosaik

Im Mosaik wird der Sklaven-Express als konspirativ arbeitende Geheimorganisation dargestellt, von deren Existenz man aber auch im Süden allgemein weiß. Wie die Digedags erfahren müssen, gehört nicht jeder, der es behauptet, zu der Organisation und andererseits hat der Express Mitarbeiter, denen man diese gefahrvolle Tätigkeit nicht zutraut. So wie im Mosaik beschrieben dürfte der Sklaven-Express – bzw. sein historisches Vorbild, die Underground Railroad, tatsächlich gearbeitet haben. Wie im Mosaik gezeigt, war die im Jahre 1838 gegründete Organisation genau durchdacht, sorgfältig organisiert und sehr effizient. Sie arbeitete mit geheimen Treffpunkten (wie der Reiherinsel), geheimen Zeichen und Parolen (wie der Frage nach einer Fahrkarte für den Express in Billy’s Saloon) und mit Vorkehrungen für Notfälle (wie dem ständig auf der Joker-Farm in Bereitschaft liegenden Segelboot). Die Helfer betreuten jeweils einzelne Abschnitte der Fluchtroute und kannten meist nur die unmittelbaren Anschluss-Partner (so wird Ben in St. Louis von anderen Helfern weitergeleitet werden, während die Mississippi-Queen zurück in den Süden fährt).

Der Sklaven-Express wurde von Abolitionisten betrieben. Im Unterschied zu den gesellschaftlichen Kräften, die an eine allmähliche Lösung der Sklaven-Frage glaubten, wollten die Abolitionisten eine gezielte, auf die schnelle, vollständige Abschaffung der Sklaverei. Die Bewegung hatte nicht zuletzt durch die Veröffentlichung der Erzählung Onkel Toms Hütte von Harriet Beecher-Stowe (1851/1852) enorm an gesellschaftlicher Bedeutung gewonnen.

Die inhaltliche Gestaltung der Amerika-Serie gehört zu den politisch interessantesten Aspekten der Geschichte des Mosaik. In der Amerika-Serie wird die US-amerikanische Bürgerrechtsbewegung der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts reflektiert. Die Geschichte um den entlaufenen Sklaven Ben, die Joker-Familie passte hervorragend in die DDR-Politik der sechziger und siebziger Jahre. Damals war die US-amerikanische Bürgerrechtsbewegung in der DDR stark beachtet worden, nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Vietnam-Krieges und der Ereignisse um die Bürgerrechtlerin Angela Davis. Die DDR-Führung versuchte, den real existierenden Sozialismus in die Nachfolge „progressiver“ Bewegungen der Vergangenheit zu stellen. Zu diesen, in der DDR aufgehobenen Traditionen gehörten auch die Befreiung der Sklaven in den USA im 19. Jahrhundert und der Freiheitskampf der indianischen Ureinwohner. In diesem Zusammenhang ist auf die starke Beachtung des Spartacus-Themas in den siebziger Jahren und auf die Rezeption der Bauernkriege des 16. Jahrhunderts als „frühbürgerliche Revolution“ hinzuweisen. Die mit dieser Traditionssuche verbundene „Erbe“-Diskussion gehörte zu den wichtigsten, folgenreichsten und heute unterschätzten gesellschaftlichen Auseinandersetzungen in der DDR-Gesellschaft. Sie begründete die zumindest teilweise Rehabilitation der historischen Wissenschaften, die in den fünfziger und sechziger Jahren stark zurückgedrängt und reglementiert worden waren.

Der Sklaven-Express verkehrt in folgenden Mosaikheften

152, 153, 154, 155, 156, 157, 158, 159,

160, 161, 162, 163

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