Faust-Haus

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Das Faust-Haus ist ein Schauplatz der Prag-Episode der Erfinder-Serie im Mosaik von Hannes Hegen.

Inhaltsverzeichnis

Lage und Bau

Das zweistöckige Faust-Haus befindet sich am Prager Viehmarkt. Es hat auf der linken Seite einen Erker; rechts vom Tor steht eine Säule mit einer Wächterfigur (evtl. einem Roland?). Neben der Säule befindet sich eine Pforte zu einem Garten, von welchem aus man das Gebäude ebenfalls betreten kann. Das Fausthaus ragt über einige benachbarte Häuser hinaus, so dass man vom Obergeschoss auf deren Dächer gelangen kann. Zwei Nachbargebäude beherbergen die Geschäfte von Myslewiček und Krupa.

Vom Inneren sind ein hoher Versammlungssaal mit Balustrade und ein Dienstzimmer im Obergeschoss bekannt. Der Boden des Saals ist mit einem Zodiac verziert und wird von einem großen Vorhang begrenzt. Das Dienstzimmer ist über ein System von Kurbeln und Seilwinden mit dem Saal verbunden - zieht man an den Seilen, erscheinen verschiedene mannsgroße Puppen hinter den Vorhängen des Saales.

Legenden

Dem alten Ratsdiener zufolge hat einst Doktor Faust in diesem Haus gewohnt. Seitdem sei es von bösen Geistern bewohnt, weshalb es von allen gemieden werde. Fausts Zauberbuch mit einem Rezept zur Golemerschaffung befinde sich immer noch hier.

Ereignisse

Das Faust-Haus ist nicht so verlassen, wie der alte Ratsdiener glaubt. Es dient nämlich einer Geheimgesellschaft als Versammlungsort, die hier gemeinsam Geister beschwört. Genauer gesagt täuscht hier ein Scharlatan mit Hilfe seines Gehilfen Havlitschek einer Gruppe leichtgläubiger Narren vor, er könne die Geister prominenter Verstorbener herbeirufen. Dazu postiert er sich vor den Vorhängen des Saales und gibt geheimnisvolles Hokuspokusgeschwurbel von sich, worauf der im Dienstzimmer befindliche Havlitschek am entsprechenden Seil zieht und so den Geist "herbeizaubert". Soweit erkenntlich, können Nelson, Faust, Napoleon, Adam, Cäsar, Selim, Karl V. (zu erwarten wäre allerdings eher Karl IV.), Moses und Nero "herbeigerufen" werden.

Eines Nachts geht das Vorhaben aber gründlich schief, den anstelle des versoffenen Havlitschek bedienen die verspielten Digedags die Seilzüge. Sie hatten sich über die Nebenpforte in das Haus geschmuggelt, um hier nach Fausts Zauberbuch zu suchen, denn sie wollen sich einen Golem bauen. Aus reiner Neugierde zieht Dig mal an diesem, mal an jenem Seil, wodurch statt des eigentlich beschworenen Doktor Faust drei andere "Geister" erscheinen. Während sich die Geheimgesellschaft amüsiert, gerät der Obergeisterbeschwörer in verständliche Rage.

Nachdem er den Grund für Havlitscheks Arbeitsausfall erkannt hat, stürmt er ins Dienstzimmer und jagt die Digedags aus dem Fenster. Diese retten sich auf das Dach eines Nachbarhauses und auch eine dicke Schwarte, die der Scharlatan nach ihnen schleudert, kann ihnen nichts mehr anhaben. Im Gegenteil - es handelt sich ausgerechnet um das Zauberbuch, das zu finden sie hier eingedrungen sind. Ihre Expedition kann also als voller Erfolg gewertet werden. Zudem ist nun das Rätsel um die angebliche Heimsuchung des Fausthauses durch Geister aufgeklärt.

Das wirkliche Faust-Haus

Das Faust-Haus - tschechisch "Faustův dům" - genannte Stadtpalais ist eine der Hauptsehenswürdigkeiten Prags. Allerdings hat sich Doktor Faust niemals hier aufgehalten - das Gebäude wurde lediglich mit seinem Namen verknüpft, da sich mehrere der Inhaber mit Alchemie beschäftigt hatten.

Baugeschichte

Entstanden ist das Fausthaus in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Es gehörte zunächst den Fürsten von Troppau. In den Hussitenkriegen beschädigt, trat der letzte fürstliche Eigner, Wenzel von Troppau, das Haus an den Schreiber Prokop ab. Beide waren passionierte Alchemisten. Der Hausbesitzer ab 1543, Jan Kop, war der Leibarzt von Kaiser Rudolf II., der folgende Eigner Jakob Krucinek Astrologe. Einer von Krucineks Söhnen brachte seinen Bruder wegen eines angeblichen Schatzes um und wurde darauf hingerichtet. Auch der nächste Bewohner, der Scharlatan Edward Kelley aus England, befasste sich mit Alchemie. Er ermordete jedoch nicht seinen Bruder, sondern nur einen Nachbarn.

Die nächsten Eigner waren die Ritter Mladota. Insbesondere Josef Mladota trat in die Fußstapfen seiner Vorbewohner und befasste sich mit mechanischen, chemischen und wohl auch elektrischen Experimenten. Im Jahre 1838 kam das Fausthaus in öffentlichen Besitz. Zunächst wurde hier ein Taubstummenheim, später eine Apotheke eingerichtet. Inzwischen wird das Gebäude von der medizinischen Fakultät der Karlsuniversität genutzt. Nach einer Brandstiftung im Jahre 2003 wurde es grundlegend renoviert.

Herkunft der Faustlegende

Der Sage nach hat nicht nur Doktor Faust in diesem Haus gewohnt; lange nach seinem Tod soll ein Student in dem verlassenen Palast auch versucht haben, mit Hilfe der Faustschen Zauberbücher zu experimentieren, und dabei den Tod erlitten haben. Insbesondere die erwähnten Herren Kelley und Mladota gaben der Phantasie der Prager reichliche Nahrung. Der Schritt von geheimnisvollen alchemistischen Experimenten hin zu dem Alchemisten schlechthin war kein großer mehr.

Erstmals wurde das Gebäude im Jahre 1840 mit Faust in Verbindung gebracht. Allgemeine Verbreitung fand die Legende aber erst durch Alois Jiráseks Sammlung "Böhmens alte Sagen" (1894), die lange Zeit Pflichtlektüre an den tschechischen Schulen war. Auch das MOSAIK scheint aus diesem Werk geschöpft zu haben (deutsche Ausgabe von 1957). Zumindest erinnert die Erwähnung von Fausts Zauberbuch, das sich noch immer im längst verlassenen Haus befinden soll, stark an die Handlung von Heft 78.

Quellen

Das Faust-Haus wird in folgendem Mosaikheft aufgesucht

78
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