Diskussion:Prager Galgenberg

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Habe heute spaßeshalber mal nachgeschaut, wo damals in Prag die Hälse langgezogen wurden. Anfangs wurde das auf dem Petřín nahe St. Laurentius praktiziert, bis Karl IV. das Spektakel um 1360 auf die andere Seite der Stadt verlagerte. Seitdem war einer der kleineren Vorhügel des mächtigen Veitsberges (früher Vítkov, heute Žižkov mit dem Denkmal drauf) der Galgenberg. Faust und Löw müssen ihn so gekannt haben. Der Richtplatz befand sich von dem Neuthor und wurde bis ins 19. Jahrhundert hinein benutzt. Auf dieser Karte ist er rechts ganz unten eingezeichnet (Kopf drehen). Hier ist noch eine Beschreibung der malerischen Szenerie, die sich auf dieser Karte wiederfindet. Irgendwo innen an dieser Kurve müssen Dunkelmänner des Nachts nach Lehm gebuddelt haben. Hier ist der Ort bei Google Maps zu sehen oder auch nicht, denn darüber ist eine Eisenbahnbrücke. Auf dieser fabelhaften Seite kann man aber alte und heutige Straßenführung bequem vergleichen, wenn man die k.u.k.-Karte mit dem Luftbild von 2009 überblendet.

Fazit: Damals war der Galgenberg noch außerhalb der Stadt. Heute sind seine Reste mittendrin. --Vasco Betrugo 23:44, 10. Apr. 2013 (CEST)

Ah, siehste, soviel Mühe hatte ich mir damals bei der Recherche nicht gemacht, aber doch offenbar mitbekommen, dass der Galgenberg nicht direkt innerhalb Prags war.
Super Sache das, Vasco! Sei doch so lieb und arbeite das alles in den Artikel ein! Tilberg 00:48, 11. Apr. 2013 (CEST)
Ist jetzt drin und mit einer komfortablen Version der alten Karte versehen worden. Aber Vorsicht, damit kann man Stunden verbringen. --Vasco Betrugo 00:36, 12. Apr. 2013 (CEST)
Prima! Tilberg 02:24, 12. Apr. 2013 (CEST)

Hmmm. Verschiedenen, um nicht zu sagen zahlreichen tschechischen Quellen [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] zufolge lag der bekannte Prager Galgenberg (Šibeniční vrch) um einiges weiter draußen, und zwar auf einem Hügel, der auch als Židovské pece bekannt ist (zwischen dem Güterbahnhof Žižkov und der Jilmová-Straße [9]) und auf dem es heute einen kleinen Park gibt. Mit asphaltierten Wegen und einem Kinderspielplatz, das hätte den Digedags bestimmt gefallen ;-)

Was ich in den češišen Texten entziffern kann, lässt sich etwa wie folgt zusammenfassen:

Der Galgen der Altstadt (jede [Teil-]Stadt musste ihren eigenen haben) stand vor dem heute als Pulverturm bekannten Stadttor (Horská brána aka Prašná brána) auf einem Hügel unterhalb des Vítkov in der Gegend der Husinecká-Straße (andere Quellen sagen "zwischen Italská und Husitská", was aber auf dasselbe hinausläuft und in etwa mit Vascos Ortsangabe übereinstimmt).

Unter Maria Theresia wurde 1744 beschlossen (und zwar, um bei den Besuchern aus Wien keinen schlechten Eindruck zu hinterlassen, wenn ich das richtig verstehe), dass die Hinrichtungen fortan auf dem Židovské pece durchgeführt werden. Die letzte Hinrichtung fand dort 1866 vor 30.000 Zuschauern statt.

So gesehen haben wir also zwei Galgenberge. Der ältere ist heute mit Gründerzeithäusern überbaut und wohl nicht mehr genau zu lokalisieren; der jüngere liegt um einiges weiter draußen und ist ein öffentlich zugänglicher Park. Während sich nun die Golem-Legende eindeutig auf den älteren Galgenberg bezieht, bleibt für mich die Frage offen, auf welchem von beiden Bergen die Digedags zum Buddeln gewesen sind. Zur Zeit der Handlung war der jüngere Richtplatz noch in Betrieb. Wenn die Digedags also einen braven Bürger nach dem Weg gefragt haben, wer weiß …?

Noch eine Kleinigkeit: Der Vítkov-Hügel heißt heute noch so, Žižkov ist der Stadtteil südlich davon. --Kobold 01:41, 14. Apr. 2013 (CEST)

Die Sache scheint sogar noch komplizierter zu sein. Laut der o.a. Quellen (und außerdem dieser) gab es im 19. Jhd. möglicherweise drei Baumelorte. Der erste nahe der Stadt wurde vom finsteren Mittelalter bis 1817 benutzt. Dann gab es wohl zunehmende Beschwerden über die damit verbundenen technisch bedingten Belästigungen und der Galgen wurde etwas weiter außerhalb im hügligen Parukářka-Park (zwischen "Obecná" und "Historická" wechseln) aufgestellt. 1836 schließlich wurde der Hügel Židovské pece als endgültiger Standort bis 1866 ausgewählt. Interessanterweise befindet sich in der Kataster-Karte von 1845 dort sogar ein eindeutiges Symbol, das laut Legende tatsächlich eine Mehrpersonenaufhängevorrichtung darstellt. Das mit Maria Theresia und 1744 bezieht sich auf die damalige Vertreibung der Juden aus Prag, die sich dann im Gebiet des Židovské pece angesiedelt und der Gegend den Namen gegeben haben sollen.
Wenn die Digedags sich an den Golem gehalten haben, hat man sie hoffentlich zum richtigen Hügel geschickt. --Vasco Betrugo 02:09, 16. Apr. 2013 (CEST)
Habe im Prager Stadtarchiv online einige Karten in deren Sammlung gefunden (leider nicht direkt linkbar), laut denen noch 1848 bzw. 1852 der von mir vermutete Hügel als Galgenberg bezeichnet wurde. --Vasco Betrugo 01:18, 5. Mai 2013 (CEST)
Wahnsinn, Vasco, was Du immer noch für Landkarten irgendwo ausbuddelst!
Alles zusammengenommen denke ich, dass man die Daten "Parukářka ab 1817, Židovské pece ab 1836" als Fakten stehenlassen kann (und dass der Text in der Quelle [1] auf der offiziellen Stadtteil-Webseite etwas missverständlich formuliert oder einfach nur zu stark gekürzt ist). Und so wie ich die Karten lese, müsste der Galgen ab 1836 etwa dort gestanden haben, wo jetzt das Rondell [10] im Židovské pece-Park zu finden ist – so ungefähr jedenfalls…
Bleibt noch die Frage, wie genau man den Prag-Besuch der Digedags zeitlich einordnet – circa 1835, oder vielleicht auch einige Jahre früher oder später? So oder so ist es sicher nicht falsch, im Artikel zu erwähnen, dass der Galgenberg zu dieser Zeit "weitergezogen" war.
Oder sollte es gar so gewesen sein, dass der Standort 1836 verlegt wurde, weil die vielen deutschen Touristen mit ihren Schaufeln im Parukářka-Park langsam lästig wurden? ;-) --Grüße, Kobold 10:30, 8. Mai 2013 (CEST)
Die Datierung beruht vor allem auf den Heften davor und danach. Im Heft selbst werden Ereignisse zwischen 1815 und 1864 dargestellt, teils vom Vater Bozek auf die Söhne übertragen. Mitte/Ende der 1830er paßt aber auch am ehesten, angesichts des Alters der Söhne und angesichts der Tatsache, daß vom Vater keine Rede ist (Joseph Bozek starb 1835). Man kann wohl davon ausgehen, daß die Mosaikautoren die Geschichte soweit ihren Bedürfnissen angepaßt haben, DAß sie eben zwischen die Hefte 77 und 79 paßt. Tilberg 11:15, 8. Mai 2013 (CEST)
P.S. Die Karte aus dem Stadtarchiv von 1848 ("MAP P 2 C/50a • 1848 • Situations-Plan von PRAG") ist sehr interessant, weil sich hier der (alte) Galgenberg genauer als sonst irgendwo lokalisieren lässt: demnach an der Ecke Řehořova / Příběnická (± 50 Meter). Natürlich hatte er den Namen noch, auch wenn er nicht mehr in Betrieb war – und die Erinnerung dran war bei älteren Pragern auch nach 30 Jahren sicher noch präsent --Kobold 21:30, 8. Mai 2013 (CEST)
Den Karten im Prager Stadtarchiv ist noch unglaublich viel mehr zu entnehmen:
  • "MAP P 2 G/89 • 1889 • Plán polohy a výšek kr. hl. města Prahy" (relevant ist S. 14) enthält zentimetergenau (!) vermessene Höhenangaben. Demnach lag der ursprüngliche markante Gipfel des "alten" Galgenberges im Hinterhof der heutigen Řehořova 20 oder 22; nach Norden und Westen fiel das Gelände steil um ca. 15m ab. (In 3D- Schräg-Bildern wie hier ist dort auch heute noch ein "Höhepunkt" zu erkennen, der aber weit weniger herausragend ist, s.u.)
  • Der Galgenberg (bzw. der westliche Teil der Řehořova) wurde – später als die Umgebung, wen wunderts? – erst ca. 1900 bebaut. Dabei scheint das Gelände ein wenig dem urbanen Raum angepasst (bzw. eingeebnet) worden zu sein: sonst würden, wenn die Höhen in o.g. Lageplan stimmen, einige Häuser heute in extremer Hanglage stehen, die Straße wäre hier eben und müsste dort als Treppe ausgeführt sein usw. Wenn dem so ist, dann erklärt das, warum der historische Galgenberg heute im Stadtbild nicht mehr auffindbar ist. --Kobold 23:18, 8. Mai 2013 (CEST)
  • Ich muß mich teilweise korrigieren. Für die Zeit zwischen 1817 und 1836 sind sich die Quellen nicht ganz sicher, wo denn der Galgen stand. Einige sagen, daß es im heutige Parukářka-Park war, andere aber lassen den Richtplatz noch an der alten Stelle, wie z.B. dieses Buch aus dem Jahre 1835. Interessanterweise war der Galgen laut dieser Quelle nicht auf dem Galgenberg sondern am Fuße desselben. Muß nett gewesen sein: Raus aus dem Neuthor in Richtung Wien, rechts von der Straße die Richtstatt, links die dazugehörige Kapelle. Auf einer der Karten aus dem 18. Jhd. ist das sogar perspektivisch dargestellt. Im frühen 19. Jhd. wurde im Rahmen der Verschönerung der Gegend diese Kapelle durch ein Wirtshaus ersetzt, das man auch auf den Karten sieht (einziges Gebäude in der Kurve). Grandiose Nachbarschaft. Vermutlich nahmen deshalb die Bitten um eine Verlagerung des Standortes rapide zu. Ich kann mir vorstellen, daß man das dann 1836 im Zusammenhang mit der Krönung Ferdinands I. erledigt hat. Normalerweise putzt man zu solchen Gelegenheiten eine Stadt heraus und versteckt alle Dreckecken. --Vasco Betrugo 17:49, 9. Mai 2013 (CEST)
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