William Hogarth

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Selbstporträt mit Palette (ca. 1735)

William Hogarth (1697-1764) war ein englischer Künstler. Eine ganze Reihe seiner Werke diente als Inspiration bzw. Vorlage für zwei Hefte der Erfinderserie des Mosaik von Hannes Hegen.

Inhaltsverzeichnis

Frühere Arbeiten zu diesem Thema

Thomas Kramer erwähnt 1993 in seinem Fanbuch Hogarth erstmalig als Quelle für das MOSAIK: Er bezeichnet auf S. 78 dieser Publikation die Doppelseite in Heft 63 als ein "Hogarthschen Vorbildern ähnliches Gemälde" (wobei er die fraglichen Seiten 10 und 11 von Heft 63 mit den "Seiten 9 und 10 des Heftes 64" verwechselt). Weiter geht Kramer aber nicht auf das Thema ein.

Davon angeregt, veröffentlichte Volker Langmeier im Fanzine Digefax 8 1995 einen Artikel unter dem Titel Das Bilderwerk William Hogarths im Mosaik Nr. 63 von Hannes Hegen. Darin beschreibt er die künstlerische Bedeutung Hogarths und macht mehrere Grafiken von ihm als Vorlagen namhaft: The Four Times of Day - Night, The Four Times of Day - Noon, Invasion - England, Gin Lane, Beer Street, The Times 2, Stage Coach (Hof einer ländlichen Schenke), Southwark Fair (Der Jahrmarkt zu Southwark) und The Four Stages of Cruelty 2. Die meisten davon werden - zumindest in Ausschnitten - auch abgebildet. Zudem weist Langmeier auf das Bild Industry and Idleness Tafel 1 hin, das die Vorlage für die Rückseite von Heft 71 bildete.

Davon wiederum inspiriert, erschien 1996 im Fanzine alex 10 als neunter Teil der Reihe roots, die sich mit Quellen für das MOSAIK beschäftigte, der zweiseitige Artikel William Hogarth (1697-1764) von Thomas Wilde (hier in der MosaPedia nachzulesen). Darin stellt der Autor den Künstler Hogarth vor und weist auf die Vorlagenwirkung von Beer Street und Gin Lane hin. Beide Werke sind auch abgebildet, zusammen mit einem Ausschnitt aus der großen Doppelseite von Heft 63.

Bildvergleiche

Nach bisherigem Kenntnisstand wurden drei Bilder im MOSAIK nach Vorlagen von Hogarth gestaltet: in Heft 63 die Wimmelbilder S. 10/11 und 14 sowie die redaktionelle Rückseite von Heft 71. Während im letzten Fall ein Stich von Hogarth nahezu eins zu eins abgezeichnet wurde, flossen in die beiden Wimmelbilder einzelne Szenen und Details von jeweils mehreren Hogarth'schen Vorlagen ein. Viele Hogarth-Werke, so auch eine Reihe der hier abgebildeten, gibt es sowohl als Schwarz-Weiß-Stich als auch als farbiges Gemälde. Welche Variante jeweils dem MOSAIK-Kollektiv als Vorbild diente, ist derzeit nicht immer bekannt; aus Gründen der Einheitlichkeit wurden hier nur die Stiche wiedergegeben.

Der Grad der Übernahme der Vorlagen ins MOSAIK wechselt. Es gibt penible Reproduktionen, freie Kombination mehrerer Motive und reine Inspirationen. In die folgende Übersicht wurden nur solche Vorbilder aufgenommen, die deutlich im MOSAIK wiederzuerkennen sind - es ist sehr wahrscheinlich, dass darüber hinaus noch weitere Hogarth-Werke genutzt wurden.

Für vier größere Bildausschnitte sind zudem noch gar keine Vorlagen bekannt: für das Schiff, den Marine-Laden, den Maharadscha samt Gefolge und den Moritatensänger mit seiner Geschichte von Billy Brown. Zumindest für letzteres Motiv steht zu vermuten, dass sich die MOSAIK-Zeichner von diversen Bänkelsängern und ihren Leinwänden in Hogarths Werk anregen ließen (z.B. aus Southwark Fair).

Vorlagen für Heft 63 S. 10/11

Nach einer stürmischen Überfahrt und einem langen Fußmarsch erreichen Dig und Dag London. Beeindruckt von dem bunten Treiben in der englischen Hauptstadt, fragen sie sich zur Royal Society durch, wo sie einen Bittbrief von Denis Papin abgeben wollen. Dieses Doppelseitenpanorama hält vermutlich den Rekord für die Vielzahl an Vorlagen, die in ihm verarbeitet wurden.

Die Doppelseite 10/11 aus Heft 63 in ihrer vollen Pracht.


Beer Street

Die beiden zusammengehörenden Tafeln Beer Street und Gin Lane zählen wohl zu den bekanntesten Werken Hogarths. Er entwickelt darin einen Gegensatz zwischen dem ordentlichen, prosperierenden, bodenständig-englischen Mittelstand, der sich durch den maßvollen Genuss des einheimischen Bieres definiert, und der chaotischen, verzweifelten, elenden Welt der Unterschicht, die sich dem Gin hingibt, einem perfiden, ausländischen Teufelszeug.

Die Beer Street ist dementsprechend in einer gutsituierten Gegend Londons angesiedelt, nahe der Kirche St. Martin-in-the-Fields. Es wird Handel getrieben, die Menschen sind wohlgenährt, Häuser werden instandgehalten. Dem Pfandleiher am rechten Rand geht es, erkennbar an dem liederlichen und halbverfallenen Zustand seines Hauses, als einzigem nicht gut in der Beer Street - offenbar muss niemand etwas versetzen.

Beer Street (1751)


Die zwei Fischfrauen aus der rechten unteren Bildmitte haben es in leicht veränderter Form ins MOSAIK geschafft. Doch obwohl die Stellung der beiden zueinander und ihr Gesichtsausdruck verändert wurde, sind die Übereinstimmungen mit der Vorlage unübersehbar - vor allem in der Kleidung und der Position der Fischkörbe.

Saufende, klatschende Fischweiber.
Wesentlich sympathischere Hökerinnen.

Auch die Sänfte aus dem Bildhintergrund ist im MOSAIK wiederzufinden - links hinten am Hafenkai. Statt einer Frau sitzt im MOSAIK zwar ein Mann in der Trage und aus dem hochgeklappten Reifrock sind Armlehnen geworden, doch die Troddeln am Dach sind dieselben wie bei Hogarth.

Frau in Sänfte mit Trinkerträgern.
Mann in Sänfte. Auch neu: das Wappen!

Gin Lane

Im Gegensatz zur Beer Street herrscht in der Gin Lane - von Hogarth im Armenviertel St. Giles angesiedelt - die reinste Verzweiflung. Menschen hängen apathisch auf der Straße herum, manch einer balgt sich mit einem Hund um den letzten Knochen, volltrunkene Mütter vernachlässigen ihre armen Kinder, Häuser stürzen ein. Prächtig hingegen geht es dem Pfandleiher, der sich vor Kunden kaum retten kann und in einem Palazzo residiert, und auch die Destillerie und das Bestattungsinstitut laufen gut. Die beiden Bilder sind im Zusammenhang mit dem so genannten Gin Act von 1751 entstanden, einem Parlamentsbeschluss, mit dem das weit verbreitete Komasaufen mit Hochprozentigem unterbunden werden sollte - einfach, indem man eine Gin-Steuer erhob, wodurch das Getränk nicht mehr so billig wie zuvor angeboten werden konnte. In der Tat fand der "Gin-Wahnsinn" (engl. Gin Craze), der Großbritannien in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts heimgesucht hatte, bald ein Ende.

Gin Lane (1751)


Für das große MOSAIK-Panel wurde praktisch der gesamte Bildvordergrund aus der Gin Lane übernommen, komplett mit Treppe, Geländer, Toröffnungen und Lampe. Die zentrale Gestalt der halbentblößten Rabenmutter war den Zeichnern zwar zu grauenvoll, doch ist immerhin der Säufer weiter unten auf der Treppe im MOSAIK gelandet. Die Inschrift über dem Eingang zur Kellerspelunke ist im MOSAIK nach rechts gewandert. Sie lautet: "Drunk for a penny / Dead drunk for two pence / Clean Straw for Nothing" ("Betrunken für einen Penny, sturzbetrunken für zwei Pence, reines Stroh umsonst").

Unterer Bildrand mit Treppe, Toröffnung und Lampe.
Dasselbe Motiv im MOSAIK - die Rabenmutter ist verschwunden.


Warum die Kellerkneipe Gin Royal heißt, also "Königlicher Gin", ist schwer zu deuten. Vielleicht ist es eine Anspielung darauf, dass die Oberschicht - und damit auch die Monarchie - eine Zeit lang ganz gut am Ginkonsum der Unterschicht verdient hat.

Lampe nochmal groß
Inschrift: Gin Royal

Die Szene mit der Schubkarre aus der rechten Bildmitte ist im MOSAIK ganz nach links gerutscht. Es handelt sich hierbei um eine recht freie Verwendung dieses Motivs, denn weder die Körperhaltungen der Beteiligten, noch ihr Aussehen oder gar die Schubkarre selbst stimmen mit der Vorlage überein.

Säufer in der Schubkarre
Aus dem Zivilisten wurde ein Soldat.

The Four Times of Day - Noon

Die vier Motive The Four Times of Day - zuerst entstanden 1736 als Ölgemälde, dann 1738 als seitenverkehrte, leicht veränderte Stiche - bedienen sich eines beliebten Sujets der Kunstepoche. Es gibt um die Mitte des 18. Jahrhunderts eine ganze Reihe von ähnlichen Bilderserien, die den Wandel der Tageszeit, der Jahreszeiten oder der Lebensalter illustrieren.

Die zweite Tafel, Noon (Mittag), spielt in Soho, nahe der Kirche St. Giles-in-the-Fields. Es sind zwei komplementäre Szenen abgebildet: Auf der einen Seite eine züchtige, bigotte oder fromme, höfisch gekleidete, affektiert bis eitle Familie von Kirchgängern, auf der anderen eine laute, wollüstige, ärmliche, tendenziell schmutzige, aber trotzdem viel sympathischere Gruppe von Kneipengängern. Beide Figurengruppen werden durch einen Rinnstein getrennt.

Im MOSAIK findet sich das Kneipenschild wieder, das im Original einen Kopf auf einem Tablett zeigt und damit auf Johannes den Täufer verweist. Das MOSAIK-Kneipenschild verspricht zwar ebenfalls "Good eating", präsentiert aber statt des Kopfes eine Keule und ein Römerglas. Hübsch, dass es die zierliche Schmiedearbeit an der Haltestange ins MOSAIK geschafft hat.

The Four Times of Day, Tafel 2: Noon (1738)
Good-Eating-Schild
Aus Kopf mach' Keule.

The Four Times of Day - Night

Das letzte Bild des Tageszeitenzyklus', Night, steckt wieder voller Anspielungen. Zum Beispiel weisen das Eichenlaub um das Zunftzeichen des Barbiers (die Spiralstange) und die Kerzen in seinem Fenster auf die Feier des so genannten Oak-apple Day ("Gallapfel-Tag") - den 29. Mai - hin, mit der der Restitution der Stuarts im Jahre 1660 gedacht wurde. Natürlich war diese Feier nach der Machtübernahme des Hauses Hannover 1714 verboten, wurde aber trotzdem aus Anhänglichkeit an die alte Dynastie von deren Anhängern, den Jacobiten, weiter begangen. Der Mann im Vordergrund ist ein Freimaurer (wie Hogarth übrigens selbst auch), und zwar handelt es sich wahrscheinlich um Sir Thomas de Veil († 1747), der sich oft mit Anti-Alkohol-Kampagnen hervorgetan hatte. Hogarth stellt ihn volltrunken dar, hinter ihm wird fleißig Gin umgefüllt und er kriegt den Inhalt eines Nachttopfes über den Kopf gekippt.

Dieses unappetitliche Geschehen hat offenbar auch den Humor der MOSAIK-Zeichner getroffen, weshalb es sich links in der Kneipe wiederfindet und hier eine Gruppe von Soldaten verärgert.

The Four Times of Day, Tafel 4: Night (1738)
Plitsch!
Platsch!

Election - Canvassing for Votes

Hogarths Election-Serie bezieht sich auf die berühmt-berüchtigte Wahl von 1754 in Oxfordshire, bei der es zu massiven Bestechungsversuchen gekommen war. Die Parteien der Whigs und der Tories überboten sich in ihren Bemühungen, die Öffentlichkeit mit Festen, Geld und Versprechungen auf ihre jeweilige Seite zu ziehen. Hogarth bebildert diese Auswüchse der Demokratie in seiner üblichen, unnachahmlichen Weise.

Die zweite Tafel der Serie, Canvassing for Votes (Werbung von Stimmen), spielt vor einem Pub. Auf der Tafel in der Mitte ist die groteske Figur des Mr. Punch abgebildet, der Geld unter die Leute wirft. Entsprechend stecken direkt darunter zwei konkurrierende Werber einem Bauern Bestechungsgelder zu. Gleichzeitig versucht der Tory-Kandidat, die Stimmen der Frauen auf dem Balkon zu kaufen, indem er ihnen Schmuckstücke schenkt.

Election, Tafel 2: Canvassing for Votes (1754/55)


Ins MOSAIK hat es von dieser Szenerie nur das Kneipenschild mit der Krone geschafft (im Original recht weit im Hintergrund, im MOSAIK an der rechten Hauswand in Verbindung mit einem anderen Schild).

Kronen-Schild
Eine viel schönere Krone.

Election - Chairing the Members

Die vierte Tafel der Election-Serie, Chairing the Members (Triumphzug der [Parlaments]mitglieder), zeigt die Parade anlässlich des Sieges der Tory-Kandidaten. Leider bedeutet ihr Sieg für sie nicht, dass alles glatt liefe. Im Gegenteil, die Parade wird ausgerechnet vor einem Haus mit einer Sonnenuhr (die auf die Vergänglichkeit verweist) und einem Totenkopf (Symbol ist klar) von einer Sau mit Ferkeln, zwei prügelnden Strolchen samt Tanzbär und einem schwer beladenen Esel gestoppt. Über dem Kandidaten, der gleich von seinem "Thron" kippt, fliegt übrigens eine Gans - nicht etwa ein Adler.

Election, Tafel 4: Chairing the Members (1754/55)


Die symbolträchtige Sonnenuhr findet sich auch im MOSAIK wieder, und zwar am Haus in der Bildmitte. Die Inschrift ist zwar verloren gegangen, das übereinstimmende Gestänge ist aber deutlich zu erkennen.

Sonnenuhr

Der Fiedler, der den Triumphzug der Tories anführt, hat das Tohuwabohu hinter sich noch gar nicht gemerkt. Auch im MOSAIK - in der rechten Bildecke - hat er seine Augen selbstversunken geschlossen.

Wilder Fiedler
Versonnener Violinist

The Enraged Musician

The Enraged Musician (Der wütende Musiker) ist wohl eine Anspielung auf das Ende der großen Zeit der Italienischen Oper in Großbritannien. Der Violinist im Fenster steht für die feine, ausländische Kunst, während der lärmende Haufen vor seinem Haus den neuen, wesentlich weniger kultivierten Musikgeschmack symbolisiert. So quäkt eine Balladensängerin um die Wette mit einem krächzenden Papagei und ihrem quengelnden Baby, knattert ein Mädchen mit seiner Rassel, tutet ein Straßenmusiker mit seiner Oboe, preist ein Milchmädchen lauthals ihre Ware an, trommelt ein Lausbub, quietscht ein Scherenschleifer, bellt ein Hund, stampft ein Straßenarbeiter, bimmelt ein Müllmann, bläst ein Sauschneider ins Horn, brüllt ein Fischhändler und fauchen zwei Katzen.

Im MOSAIK ist die Balladensängerin links im Hintergrund zu sehen, wo sie diesmal mit einem fröhlichen Lächeln einem Mann ihr immer noch jaulendes Kindlein zeigt.

The Enraged Musician (1741)
Frau mit Baby
Babywurst

Industry and Idlenes - The Industrious 'Prentice Lord-Mayor of London

Die zwölfteilige Bildserie Industry and Idlenes vom September 1747 hat zwei Vorlagen fürs MOSAIK geliefert. Während die erste Tafel als Vorbild für die Rückseite von Heft 71 diente (siehe dazu weiter unten), erkennt man ein Detail aus der zwölften Tafel - The Industrious 'Prentice Lord-Mayor of London - auf der Doppelseite von Heft 63.

Die Bildreihe schildert die komplementär-konträren Schicksale zweier unterschiedlich veranlagter Webergesellen, die zunächst in derselben Werkstatt arbeiten. Während der eine - Tom Idle (zu deutsch "Thomas Faul") - sich dem Müßiggang, dem Laster und dem Verbrechen hingibt und dementsprechend in der elften Tafel am berühmten Dreiergalgen von Tyburn endet, beschreitet der andere - Francis Goodchild (zu deutsch "Franz Gutkind") - den Weg des Fleißes, der Gottesfurcht, der vorteilhaften Heirat und des ehrenhaften Dienstes an der Gesellschaft. Wie sein historisches Vorbild Dick Whittington aus dem späten 14./frühen 15. Jahrhundert wird er zuerst zum Sheriff, dann zum Lord Mayor, also Oberbürgermeister, von London gewählt. Als Sheriff lehnt er in Tafel 10 sogar das Gnadengesuch seines nichtsnutzigen Ex-Kameraden ab. Als neuer Bürgermeister fährt er auf Tafel 12 im Triumphzug durch London, und zwar durch das Viertel Cheapside.

Industry and Idleness, Tafel 12: The Industrious 'Prentice Lord-Mayor of London (1747)


Im MOSAIK findet sich - etwa an derselben Stelle wie im Original - eine Häuserfassade wieder. Das Türmchen und die Verteilung der Schornsteine sind übernommen worden. Hinzugefügt hat der Künstler die schwarze Silhouette eines Schornsteinfegers - dafür mussten die Zaungäste weichen.

Haus
Inklusive Schornsteinfegersilhouette.

The Invasion - France

Die zweiteilige Serie The Invasion entstand im März 1756, kurz vor dem Ausbruch des Siebenjährigen Krieges und behandelt die Kriegsvorbereitungen auf beiden Seiten des Kanals. Hogarth zeigt sich hierbei als loyaler Patriot: Während die französischen Habenichtse sich furchtsam zusammendrängen, feiern die wohlgenährten Briten sich selbst.

So sieht man die hungernden, gramgebeugten Franzosen auf der Tafel France unter einem Schild, das "Soup Meagre a la Sabot Royal" verheißt, also "Wassersuppe nach Königlicher Holzschuhart". Der Holzschuh hängt auch gleich daneben. Die Soldaten scheinen aber auf die Suppe verzichten zu wollen und braten sich lieber ein paar leckere Frösche. Der Anstifter zum Krieg, zu dem die Söldner bis auf einen kaum Lust zu verspüren scheinen, ist ein (natürlich katholischer) Mönch, der die Schärfe seines Kriegsbeils prüft. Im Hintergrund wird die zögerliche Armee mit Waffengewalt auf die (Invasions-)Schiffe gepresst.

The Invasion, Tafel 1: France (1756)


Das erwähnte Wassersuppenschild samt Clog findet sich auch im MOSAIK wieder - am rechten Bildrand -, wo es mit einem weiteren Schild kombiniert wurde (dazu siehe weiter oben).

Soup-Meagre-Schild mit Schuh
Dasselbe Schild mit hinzugemogelter Krone.

The Invasion - England

Im Gegensatz dazu geht es auf britischer Seite hoch her (Tafel England). Die Soldaten feiern ausgelassen vor dem Pub Duke of Cumberland - der Herzog von Cumberland war der jüngere Sohn von König Georg II. und hatte den mit französischer Unterstützung in Schottland gelandeten Stuart-Prätendenten Bonnie Prince Charlie 1746 bei Culloden geschlagen - und mokieren sich über ein Bildnis des französichen Königs. Die anwesenden Soldatenbräute tragen zur fröhlichen Stimmung bei, indem sie z.B. die breiten Schultern ihres Geliebten ausmessen oder mit einer entsprechend gehaltenen Gabel die Mannesgröße ihres G'spusis mit der des fremden Königs vergleichen. Im Hintergrund wird tapfer exerziert und am rechten Bildrand fleißig musiziert. Man sieht: Großbritannien erwartet den feigen Überfall der schäbigen Froschfresser Franzosen mit männlich-selbstbewusster Zuversicht.

The Invasion, Tafel 2: England (1756)


Im MOSAIK scheint die ausgelassene Soldatenparty als Inspiration für eine ähnliche Szene am linken Bildrand gedient zu haben. Abgesehen von der allgemeinen Situation ist aber kaum ein weiteres Detail übernommen worden; am ehesten noch der spitze Soldatenhut.

Soldatenparty
Wehrdienstleisterfeier

A Rake's Progress

Die achtteilige Serie A Rake's Progress (Gemälde erschienen 1734, die Stiche in den folgenden Jahren) bebildert das schröckliche Schicksal des Tunichtguts Tom Rakewell ("Thomas Wohl-Lebemann"). Zu Beginn seiner Karriere zur wohlhabenden Oberschicht gehörend, schwängert er ein armes Mädchen, verpulvert sein Geld, treibt sich in übel beleumundeten Spelunken herum, wird von seinen Gläubigern vor Gericht gezerrt und nur von dem erwähnten armen Mädchen gerettet, vesucht sich mit einer reichen Heirat zu sanieren, gibt sich dem Glücksspiel hin, landet daher doch im Schuldturm und endet schließlich im Irrenhaus.

Im MOSAIK ist die vierte Tafel - The Rake Arrested, Going to Court ("Der Lebemann auf dem Weg zum Hofe verhaftet") - verarbeitet worden. Hier sieht man Rakewell, wie er - eigentlich auf dem Weg zu einer königlichen Sitzung - von einem Bailiff (einer Art Polizist) aus der Sänfte gezerrt wird. Ihm droht ein Gerichtsverfahren wegen seiner Schulden, doch hilft ihm seine frühere Geliebte Sarah Young mit ihrem wenigen Geld aus der Klemme. Ironischerweise hatte er früher - auf der ersten Tafel - ihrer Mutter Geld gegeben, weil er das arme Ding geschwängert hatte. Sie scheint ihn also immer noch zu lieben...

A Rake's Progress, Tafel 4: The Rake Arrested, Going to Court (Stich aus den frühen 1740ern)


Von der ganzen turbulenten, dramatischen Szene hat die MOSAIK-Zeichner nur der Lampenölauffüller im Hintergrund interessiert, der seinen Job dazu nutzt, die eigenen Ölvorräte aufzufrischen. Abgelenkt von dem Tohuwabohu unter sich, verdröppelt er das gute Zeug.

Unaufmerksamer Lampenölauffüller
Liederlicher Lampenölabzweiger

Stage Coach

Der Stich Stage Coach von 1747 - auch The Country Inn Yard genannt - mokiert sich über die Kandidatur des gerade einmal zwanzigjährigen Lord Castlemain für einen Sitz im Parlament. Im Hintergrund des Bilds sieht man ihn von seinen Anhängern durch den Hof getragen werden, wobei er mit seiner Rassel und seinem Sabberlätzchen als Kleinkind porträtiert wird. Der Vordergrund wird von einer gänzlich anderen Szene eingenommen, die die Abfahrt einer Kutsche aus dem Landgasthof darstellt. Hier finden sich wieder typische Hogarth-Details, wie z.B. die Wirtin, die vergeblich nach der Magd läutet, während diese gerade mit ihrem Liebsten im Hauseingang knutscht.

Stage Coach oder The Country Inn Yard (1747)


Ein anderes hogartheskes Detail ist der Mann, der eine dicke Frau in die Kutsche schiebt. Diese Szene konnten sich die MOSAIK-Zeichner natürlich nicht entgehen lassen, wobei der Mann im MOSAIK beide Hände braucht und im Original nur eine, so dass er mit der anderen seinen Flachmann halten kann.

Mann schiebt dicke Frau hinein.
Mann bewahrt dicke Frau vorm Rausfallen.

Auch die Frau hinten auf der Kutsche mit ihrer Pfeife voll knarzenden Virginia-Tabaks musste natürlich ins MOSAIK.

Pfeiferauchende Frau.
Rauchpfeifende Frau.

Die beiden Männer oben auf der Kutsche stellen einen britischen Seemann und einen französischen Lakai dar, der eine lebenslustig bequem fläzend, der andere zusammengekauert mit hängendem Kopf. Im MOSAIK hat man auf den französischen Trauerkloß verzichtet und dem sympathischen, englischen Seebären das ganze Kutschendach überlassen.

Liegender Mann mit Bündel
Die Pfeife ist um einiges kürzer als im Original.

The Times

In Hogarths Stich The Times, Tafel 2, sind in der rechten Bildhälfte zwei Figuren am Pranger zu sehen. Bei der einen handelt es sich um Hogarths Intimfeind John Wilkes, der nach der North-Briton-Affäre wegen Verleumdung (Defamation) angeklagt worden war. Die zweite Figur ist der so genannte Cock Lane ghost - auch bekannt als Scratching Fanny -, d.h. der angebliche Geist der Fanny Lynes. Dieser Geist soll durch Kratz- und Klopfgeräusche (daher der Hammer in der Hand auf Hogarths Stich) auf sich aufmerksam gemacht haben. In Wirklichkeit handelte es sich um den Versuch eines Hausbesitzers, einen seiner Mieter, der ihm Geld schuldete, mit dem Geist von dessen verstorbener Lebensgefährtin Fanny Lynes zu erpressen. Die junge Tochter des Hausbesitzers sorgte dabei für die Geräusche. Der Hausbesitzer wurde wegen Verschwörung (Conspiracy) verurteilt. Näheres zu den beiden Themenkomplexen in den Artikeln der englischsprachigen Wikipedia: John Wilkes und Cock Lane ghost. Auch interessant: das erste Kapitel aus The Rise of Supernatural Fiction, 1762-1800 von E. J. Clery.

The Times, Tafel 2 (1762/63)


Im MOSAIK wurde der Geist der Kratzenden Fanny nicht berücksichtigt; dafür musste Wilkes für die Conspiracy geradestehen, statt wie im Original für Defamation.

Fanny die Verschwörerin und Wilkes der Verleumder

Einer derjenigen, die sich über die Angeprangerten amüsieren, ist aus der Vorlage auch ins MOSAIK gelangt. Hier lehnt er freilich nicht mehr einfach am Podest, sondern popelt in der Nase von Wilkes. Hut, Schürze und Pfeife sind identisch.

Beschürzter Pfeiferaucher
Nasenpopler

Eine weitere Figur, die bei Hogarth direkt in der Nähe des Prangers zu finden ist, ist der Dudelsackspieler. Im MOSAIK hat er einen lustigen Hut bekommen, befindet sich bildkompositorisch gesehen aber an fast derselben Stelle. Der Dudelsack selbst ist ziemlich genau übernommen worden, bei der Hand- und Armhaltung des Spielers jedoch offenbart der MOSAIK-Zeichner einige Kreativität.

Dudelsackspieler
Gaukler

Vorlagen für Heft 63 Seite 14

Im Auftrag von Thomas Savery verlassen Dig und Dag das Gebäude der Royal Society und folgen dem recht gemütlich schlendernden Saaldiener Mr. Hicks, um ihm möglichst alle Exemplare des Buchs der hundert Erfindungen vor der Nase wegzuschnappen. Die entsprechende Straßenszene ist wieder mehrfach von Hogarth beeinflusst. Die linke Häuserfront, das Tor im Hintergrund und die schmucke Firmeninschrift an der rechten Hauswand stammen aus zwei bis drei Hogarth'schen Stichen.

Die Digedags auf der Jagd nach Mr. Hicks.


The Four Stages of Cruelty und The Times

Für die linke Häuserfront nutzten die MOSAIK-Zeichner den zweiten Stich aus der Serie The Four Stages of Cruelty ("Die vier Stufen der Grausamkeit"). Auf diesem Bild wird der Übergang von der Grausamkeit gegenüber Tieren zur Grausamkeit gegenüber Menschen dargestellt: Ein Stier wird gejagt, der Esel ist überladen und wird gepiekst, das Pferd ist unter der Last zusammengebrochen und wird verhauen, das Lamm wird geradeweg totgeschlagen und dahinter wird ein kleines Kind achtlos überfahren.

Möglicherweise übernahmen die Zeichner zudem die Hausinschrift Temple aus dem ersten Stich der Reihe The Times (der zweite Stich dieser Reihe wurde oben bereits besprochen). Dieses Bild stellt eine Allegorie auf die angebliche politische Brandstifterrolle von William Pitt dem Älteren (dem Feuerentfacher auf Stelzen) und die Friedensliebe von König Georg III. (dem heroischen Feuerwehrmann auf dem Sockel) dar. Hogarth war seit einigen Jahren Hofmaler und handelte wohl nach der Devise "Wess' Brot ich ess', dess' Lied ich sing". Unter den drei Heckenschützen im linken Haus, die dem Feuerwehrmann in den Rücken fallen, dürfte auch der Journalist John Wilkes zu finden sein, Hogarths Intimfeind (siehe oben).

Second Stage of Cruelty (1751)
The Times, Tafel 1 (1762)

Schön zu sehen: Die Kombination aus der Fassade und der Aufschrift Temple. Dass es sich im Original allerdings um ein Kaffeehaus handelt, hat man im MOSAIK geschickt unterschlagen.

Hausfassade aus Cruelty
Hausfassade mit Temple-Schild
Temple-Schild aus Times

Die gekreuzten Schlüssel sind das Zunftzeichen der Schlosser.

Gekreuzte-Schlüssel-Schild
Schiefe Jalousien.

Hudibras - Burning ye Rumps at Temple-Barr

Eine der ersten Arbeiten, mit denen Hogarth bekannt wurde, war die Illustration von Samuel Butlers satirischem Epos Hudibras, das bereits 1662 erschienen war, sich aber auch in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts großer Beliebtheit in Großbritannien erfreute (es galt als ein Pendant zu Cervantes' Don Quixote). Einer der beeindruckendsten Stiche ist der unten abgebildete (Burning ye Rumps at Temple-Barr), auf dem das symbolische Verbrennen des Rumpfparlaments von 1660 durch eine aufgebrachte Menge dargestellt ist - statt des Rump Parliaments werden Rump Steaks verbrannt. Die Titelfigur Hudibras hat sich dummerweise auch die Ungunst des Mobs zugezogen und wird gerade gelyncht.

Die MOSAIK-Zeichner entnahmen dieser Buchillustration das Tor im Hintergrund und das schöne Firmenschild an der rechten Wand.

Hudibras, Teil 11: Burning ye Rumps at Temple-Barr (1725/26)


Wie man sieht, ist das Tor im MOSAIK zwar ein wenig vereinfacht worden, wird dafür aber nicht mehr halb vom Rauch verdeckt. Bei dem Vorbild handelt es sich übrigens um das auch heute wieder zu besichtigende Temple-Bar-Tor zwischen der City of London und der City of Westminster. Die beiden Viecher links und rechts sind Greifen.

Halbes Tor
Ganzes Tor

Auch das schöne Firmen- oder Zunftzeichen an der rechten Hauswand ist im MOSAIK leicht vereinfacht worden: Der kleine Fisch ist restlos verschwunden. Wofür die Initialen TBS stehen, ist leider nicht bekannt. Es könnte ein Zusammenhang mit dem Temple-Bar-Tor bestehen.

Firmenschild mit drei Fischen und elf Bommeln.
Gänzlich anderes Firmenschild mit nur zwei Fischen und sieben Bommeln.

Vorlage für Heft 71 Seite 24

Industry and Idleness - The Fellow 'Prentices at their Looms

Die Serie Industry and Idleness (zu deutsch etwa "Fleiß und Faulheit") wurde oben zu Heft 63 schon erwähnt, wo die zwölfte Tafel der Reihe fürs MOSAIK verwendet wurde. Für die redaktionelle Rückseite von Heft 71, Maschinen und Maschinenstürmer, wiederum stand der erste Teil der Reihe - The Fellow 'Prentices at their Looms - Pate und wurde mit Ausnahme des rechten Randes minutiös abgezeichnet und koloriert.

Auf dem Bild sind die beiden Webergesellen zu sehen: Der Faule lehnt schnarchend mit verschränkten Armen an einem Pfosten, eine Katze spielt mit seinem Weberschiffchen und sein Lehrbuch liegt zerfetzt am Boden; während der Fleißige tüchtig sein Schiffchen schwingt und sein Lehrbuch sorgfältig abgelegt hat. Über dem Faulen zeigt der Zettel mit der Aufschrift Moll Flanders an, wohin es für ihn gehen wird: ins Unheil, wie bei der Titelfigur von Daniel Defoe. Über dem Fleißigen steht hingegen: Whittington, L[or]d-Mayor, was auf das Vorbild für diese Figur verweist, einen Bürgermeister Londons um 1400, der sich mit Geduld und Spucke vom kleinen Handwerker in die Oberschicht hochgearbeitet hatte.

Dieser Hintergrund spielt im MOSAIK jedoch keine Rolle. Das Bild wurde wegen der beiden Webstühle ausgewählt, denn um Webstühle und Spinnmaschinen geht es im Text, der sich ansonsten mit dem Thema Maschinensturm im 19. Jahrhundert befasst.

Industry and Idleness, Tafel 1: The Fellow 'Prentices at their Looms (1747)
Illustration zu Maschinen und Maschinenstürmer

Quellen

Vorlagen von William Hogarth wurden in folgenden Mosaikheften verarbeitet

63, 71
Persönliche Werkzeuge